Donnerstag, 21. September - Frank Apunkt Schneider: Querfront der Herzen.
Die Heimatsehnsucht des deutschen Identitätspop (von links nach rechts)
Seit seinen Anfängen ist Pop der Soundtrack von Migration, Heimatlosigkeit und Entwurzelung. Damit passt er aber nicht mehr so recht in die Berliner Republik, die ihm eine „deutsche Popidentität“ entgegengesetzt und klassische Pop-Themen mit deutscher Ideologie überschrieben hat. Sie will nicht mehr hinaus in die weite Welt oder zur anderen Seite durchbrechen, weil sie sich häuslich eingerichtet hat in der überschaubaren Welt der Eigenheime und Familien, der Zweierbeziehungen und alles überdauernden Freundschaften. Vor lauter Nestwärme kennt deutsche Popmusik heute keine Parteien mehr, nur noch Deutsche, die endlich bei sich selbst angekommen sind und die im Prinzip alle dasselbe singen. Vom Rechtsrock bis zu den anständigen Popdeutschen, die sich „bunt statt braun“ fühlen. Gegen deren Querfront der Herzen und ihr endloses Gerede von Ortsverbundenheit und Wir-Gefühl möchte der Vortrag daran erinnern, dass Pop die Musik derjenigen ist, die ihre Heimat aufgegeben haben, um irgendwo da draußen ein besseres Leben zu finden.
Frank Apunkt Schneider ist unfreundlicher Plattenhändler, unfreier Autor und selbsternannter Poptheoretiker, Mitherausgeber der testcard und der deutsche Außenposten der Kulturbewegung monochrom (www.monochrom.at). Aktuelle Veröffentlichung: Deutschpop halt’s Maul! Für eine Ästhetik der Verkrampfung (Ventil Verlag 2015).