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In unserem Themenschwerpunkt „Persönlichkeiten“ machen wir Sie mit herausragenden Menschen bekannt, die in Kooperation mit WIR SIND STRAUBING unsere Arbeit maßgeblich beeinflussen.

Iwona Chmielewska

Sie gilt als eine der bedeutendsten Bilderbuch Illustratorinnen der Gegenwart

 

Iwona Chmielewska ist eine polnische Illustratorin und Autorin und gilt als eine der bedeutendsten Bilderbuch Illustratorinnen der Gegenwart. Chmielewska studierte Grafik an der Nikolaus-Kopernikus-Universität in Toruń und begann in den 1990er Jahren mit dem Illustrieren. Ihre ersten Bücher waren Kinderbücher und Gedichtbände. Seit nahezu 20 Jahren besteht eine enge Zusammenarbeit mit der südkoreanischen Bilderbuch-Expertin und Literaturagentin Jiwone Lee.

Der ästhetische Reichtum und das Innovative von Chmielewskas Büchern spiegeln sich in den zahlreichen, internationalen Preisen und Nominierungen wider. Zu den wichtigsten gehören der Goldene Apfel (Bratislava 2007) für ‚Thinking ABC‘, drei Bologna Ragazzi Awards für ‚A House of the Mind: Maum‘ (2010), ‚Ozcy – Augen‘ (2013) und ‚Kołysanka dla babci – Wiegenlied für Oma‘ (2020). Sowohl ‚Blumkas Tagebuch‘ (2012) als auch ‚abc.de‘ (2016) waren für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. ‚Dopóki niebo nie płacze (Bevor der Himmel weint)‘ wurde ebenfalls 2016 als bestes Buch vom Verband des polnischen Buchhandels prämiert. In den Jahren 2018 und 2020 erhielt die Künstlerin Nominierungen für den Hans-Christian-Andersen-Preis sowie mehrere Auszeichnungen für ‚Jak ciężko być królem (Wie schwer es ist, König zu sein)‘. Darunter den Polish Graphic Design Awards in zwei Kategorien: Buchprojekt und Illustration. Zudem das Prädikat ‚Schönstes Buch‘ vom Verband des polnischen Buchhandels.

Seit 2014 ist Iwona Chmielewska regelmäßiger Gast in Straubing.

Abc.de

Wie lernt man das Alphabet) Am besten spielend. Einfach einen Buchstaben zeichnen und den zu ihm gehörenden Laut von sich geben kann schließlich jeder. Wie wäre es also, wenn man die Sache gleichzeitig vereinfachen und komplizierter machen würde? Was Iwona Chmielewska in ihrem Buch anbietet, ist zunächst also ein Wahrnehmungsspiel: Sie lenkt die Aufmerksamkeit des Betrachters von der Abstraktion der Schrift auf deren Anverwandlungen im Bild. Das ist eine schöne Sehschule, aber beileibe nicht die einzige Aufgabe, die es zu lösen gilt. Denn immer wieder finden sich in den Zeichnungen mehr oder weniger gut versteckte Hinweise meist auf Menschen oder Orte, mit denen sich um die Buchstabenbilder herum ganze Geschichten erzählen lassen. H wie Hände beispielsweise, aber auch wie G. F. Händel. Und wie Halle, Hamburg und Hannover. Beim Buchstaben K gerät man auf diese Weise auf die Fährte des Künstlers Klimt, der ein Bild namens „Der Kuss“ gemalt hat. Und beim K wie Kerze sehen wir das Schreibzimmer von einem gewissen Immanuel Kant, das sich in Königsberg befindet. Jenseits des Bilderrätsels ist das Buch also auch als eine Art Reiseführer, der gleichzeitig durch den Raum, durch Deutschland, wie durch die Zeit führt, nämlich die deutsche Kulturgeschichte. Wie weit man diese Reise ausdehnt, wird dabei zum überwiegenden Teil von den Vorlesern abhängen, die Chmielewska auf kluge Weise in die Entstehung des Textes miteinbezieht. Zu dieser Offenheit passt, dass Iwona Chmielewska zu weiteren Grenzübertritten einlädt, indem sie von einzelnen Wörtern die jeweils englische, französische und polnische Übersetzung notiert und somit einmal mehr den Raum für jene Assoziationen öffnet, um die es in ihrem ganzen Buch letztlich geht: Während man die Welt gerade erst zu entziffern lernt, erfahren die jungen Leser hier zugleich auf sinnliche Weise, dass ihr keine Grenzen gesetzt sind. Dass sie sich als eine Art Klettergerüst begreifen lässt, in dem man sich von einem Namen zu einem Ort und weiter
zu einer Anekdote hangeln kann, wobei man nie weiß, was einen an der nächsten Gabelung erwartet. Das Erzählen von Geschichten ist bei Iwona Chmielewska, keine lineare Angelegenheit. Folgerichtig erinnert auch ihre eigene Bildsprache an eine Collage, in der sich kleine fotographische Elemente mit detailgetreuen Zeichnungen von historischen Monumenten und Gesichtern sowie mit Symbolen, Zeichen und Formeln zu etwas verbinden, was von ferne an ein Wimmelbuch erinnert. An eines eben, dessen Geschichten noch zu erzählen sind. Lena Bopp – Frankfurter Allgemeine Zeitung 2016

Ojemine!

Schon im Titel dieses Bilderbuchs steckt das ganze Ausmaß der Bestürzung: „Ich muss wohl geschlafen haben“, mutmaßt die Erzählerin, die sich zwar keinmal zeigt, uns dafür aber an jedem ihrer Gedanken teilhaben lässt. Ursache des Schreckens ist ein alltägliches Malheur: Beim Bügeln hat sich das Eisen in die bestickte Tischdecke gebrannt. Kein Drama, so etwas passiert – wäre es nicht ausgerechnet das Tischtuch, welches die Mutter so liebt, weil es sie an die eigene Mutter, die Großmutter der Erzählerin, erinnert. Was tun? Wie den hässlichen Fleck beseitigen? Die verschiedensten Lösungen rasen der Erzählerin durch den Kopf – vom teuren Fleckentferner bis zur Notlüge. Der Clou dieses Buches ist, wie das absurd-verzweifelte Kopfkino bildlich inszeniert wird: Auf jeder Doppelseite lesen wir den Gedanken der Erzählerin zunächst als Text auf der linken Buchseite, ihm gegenüber steht der Abdruck des Bügeleisens, als bräunlicher Umriss auf zart-beigem Grund, wie überhaupt das ganze Buch in warmen, harmonischen Farbtönen gehalten ist. Jeden dieser Abdrücke des Grauens verändert Iwona Chmielewska mit wenigen blauen Strichen so, dass er ein jeweils neues, passendes Bild zum Gedanken ergibt. Als die Erzählerin überlegt, ob sie die Schuld dem kleinen Bruder zuschieben soll, verwandelt sich der Bügeleisen-Abdruck in den Kopf eines schlafenden Babys mit Bommelmütze und Schnuller. Als sie erwägt, sich zu verstecken, sehen wir eine Bügeleisen-Maus. Chmielewska gehört zu den wenigen Bilderbuchkünstlern, die noch ohne Computer arbeiten, auch dieses Buch gestaltete sie ausschließlich in Frottage und Buntstift. So reduziert und minimalistisch die Geschichte und die Seiten daherkommen, so voller Spannung fragt man sich bei jedem Umblättern: Wie wird es wohl ausgehen? Was wird die Mutter sagen? Natürlich lässt sich der Fleck nicht vor ihr verbergen, und die Erzählerin verwandelt sich auch nicht in eine Maus. Doch statt des befürchteten Donnerwetters oder einer Strafe wartet am Ende der Geschichte eine Mutter, die dem verängstigten Kind ebenfalls mit einem Bügeleisen entgegentritt – und dem ersten Abdruck symmetrisch einen zweiten hinzufügt. Schließlich greift sie noch zu Nadel und Stickgarn und ergänzt die beiden Abdrücke um Flossen, Auge und Mund. So entsteht ein freundlicher Fisch, und die Erzählerin erkennt, dass sie diese Decke „nun auch liebt“, denn die erinnert sie fortan „an uns drei, die Großmutter, die Mutter und mich“. Es ist eine einfache, nachdenklich stimmende Geschichte über ein Kind, das mit Ängsten und Schuldgefühlen kämpft. Und in diesem simplen Handlungsrahmen werden gleichzeitig große moralische Fragen verhandelt: Darf man lügen? Muss man immer für seine Taten geradestehen? Es ist zugleich eine Geschichte, die zeigt, was Generationen in einer Familie verbinden kann. Und eine Geschichte, die vorführt, dass durch Kreativität etwas Neues, noch Wertvolleres entsteht. Gerade Kinder können das gut nachvollziehen: So ist dieses Buch nicht nur eine kleine „Schule des Sehens“, es empfiehlt sich auch unbedingt zur Nachahmung. Wer kein wertvolles Tischtuch verbrennen will, kann ja auf Papier mit Formen
spielen. Maria Linsmann (Die Zeit März 2015)

Iwona Chmielewska

Ojemine!

Gimpel Verlag

Blumkas Tagebuch

„Blumkas Tagebuch“ erzählt vom Leben im Warschauer Waisenhaus des polnisch-jüdischen Kinderarztes und Pädagogen Janusz Korczak in Form eines Tagebuchs. Handlungszeit des Buches ist die Zeit vor dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Polen und dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Schon die erste Seite macht neugierig: Eine Gruppe von Kindern, sichtlich nicht aus unserer Zeit, zeigt sich dem Fotografen. Die Tagebuchschreiberin Blumka stellt zwölf Kinder aus dem Waisenhaus des polnischen Pädagogen Janusz Korczak vor – sich selbst zuletzt. Jedes Kind wird in seiner gegenwärtigen Individualität dargestellt, denn Details der traurigen Biografien werden nur angedeutet und dies eher im Bild als durch den Text. Der zweite Teil des Buches ist „ihm“ gewidmet: „Und das ist unser Doktor“, sagt Blumka auf der Doppelseite, die den Leiterdes Heims beim Wäscheaufhängen zeigt – eine gekonnt verknappte Charakterisierung der pädagogischen Arbeit Korczaks. Blumka schildert dessen Ansichten darüber, wie Menschen miteinander umgehen sollten, und jede Begebenheit ist eine Miniatur von Prinzipieneiner humanistischen Pädagogik. Für die Collagetechnik wird leitmotivisch vergilbtes, liniertes Schreibpapier verwendet, wie es aus Blumkas Tagebuch stammen könnte. Und zwar immer dann, wenn es um Wesentliches geht. In den knappen Texten schwingen unausgesprochene Gedanken mit, die sich mit Details der Illustration zu komplexen Aussagen verbinden. Blumkas Tagebuch ist ein künstlerisch beeindruckendes und emotional berührendes Bilderbuchkunstwerk, das sein Thema für Kinder nachvollziehbar umsetzt – und das auf eine tiefgründige Weise. Jury des Deutschen Jugendliteraturpreises 2012

„Das Buch berührt sehr, weil es sich auf Zehenspitzen in diese Kinderwelt schleicht, auf der Hut, nicht zu stören, weil es eine Sprache findet, die mit einfachen Worten Großes sagt. Und weil die Bilder auf melancholische Weise fröhlich sind und voller Einfälle und Liebe zum Detail.“ Matthias Drobinski: Das Recht auf Träume in (Süddeutsche Zeitung 2011)

„Und Iwona Chmielewskas Zeichnungen und Collagen, die überlegt naiv und dann wieder hoch raffiniert die Kinder und ihr Spiel porträtieren, schaffen eine Stimmung, die Sorgfalt und Rücksichtnahme ausdrückt. Das tragische Ende wird nicht benannt, aber man hält den Atem schon an ob der Liebe und dem Respekt im Waisenhaus.International ist die polnische Künstlerin längst renommiert, jetzt macht der junge Gimpel-Verlag endlich eines ihrer Bücher in deutscher Sprache zugänglich.“ Hans ten Doorkaant: Respekt und Fantasie. (Neue Zürcher Zeitung, November 2011)

Bevor der Himmel weint józef Czechowicz
Fotograf nieznany
Iwona Chmielewska

„Schönstes Buch 2016“ – Verband der polnischen Buchverlage

Bevor der Himmel weint Im Jahr 2012 wurden bei Renovierungsarbeiten eines historischen Hauses in Lublin 2700 Glasnegative gefunden. Wie durch ein Wunder blieben sie über die Jahre erhalten. Bis heute, kennt man den Namen des Fotografen nicht, man weiß nur, dass er so arm war, dass er kein Atelier besaß. Zu seinen Kunden zählten vor allem die Juden aus Lublin. Er hat sie draußen fotografiert mit einfachem Hintergrund aus Papier und Stoff oder in Wohnungen und Treppenhäusern. Diese Fotos sind von unschätzbarem Wert, da sie das Leben der Lubliner Juden vor dem zweiten Weltkrieg dokumentieren. Vor dem Krieg zählte die jüdische Gemeinde in Lublin etwa 43000 Menschen. Heute erinnert daran nur noch eine Straßenlaterne. Am 16./17. März 1942 begann der „Einsatz Reinhardt“, bei dem die Deutschen das Lubliner Ghetto liquidierten. Die Menschen wurden in das Vernichtungslager Belzec abtransportiert und ermordet. Das Andenken, an das jüdische Leben Lublins wird vor allem durch das Zentrum Brama Grodzka bewahrt. Es befindet sich am sogenannten „Jüdischen Tor“. Dies verband über Jahrzehnte die Altstadt mit dem jüdischen Viertel. Alle gefundenen Glasnegative wurden dem Zentrum übereignet, und dort digitalisiert. Man begab sich auf Identitätssuche. Hierfür wurden die Fotos auch im Internet veröffentlicht. Im August 2015 fand man in einem historischen Gebäude Dokumente eines einstigen Bewohners. Dieser war höchstwahrscheinlich der Fotograf Abram Zylberberg, dem die 2012 gefundenen Negative zuzuordnen sind. Diese Funde, die ich im Internet sah, ließen mich nicht los. Als Autorin des Buches „Blumkas Tagebuch“ bin ich in besonderer Weise sensibilisiert, wenn es um die Bewahrung des Andenkens an die polnischen Juden geht. Ich konnte die Gesichter nicht vergessen, habe sie stunden- und tagelang angeschaut und wusste, dass ich einBuch erschaffen muss, das angemessen und würdevoll an diese Menschen erinnert. Kein Text zu diesem Buch war mir gut genug, denn er war entweder zu dramatisch, oder zu traurig. Es war schwierig für mich, da ich in ihre Augen schauend, ihr Schicksal nicht ausblenden konnte. Ich wollte einen einfachen Text, der nicht vom Tod, sondern vom Leben erzählt. Und wie der Zufall so will, habe ich Gedichte des bekannten polnischen Poeten Józef Czechowicz, der auch in Lublin gelebt hat, gefunden. Józef Czechowicz hat die furchtbare Zeit der Shoah nicht mehr erlebt, da er bereits im ersten Monat des Krieges während der Bombardierung Lublins starb. Seine Gedichte erzählen vom einfachen Leben. Erst im Kontext der Fotos rufen sie besonders dramatische Assoziationen hervor. Der Titel meines Buches „Bevor der Himmel weint“ ist Teil eines Gedichtes. Das Buch ist chronologisch in Bezug auf die Jahreszeiten gegliedert, beginnend mit dem Winter, und endend mit dem Herbst, wenn der Himmel schon „weint“. Aus den 2700 Negativen entschied ich mich für 17 Stück (die Auswahl zu treffen war die schwierigste Arbeit), denen ich Gedichte gegenüberstellte. Die ausgewählten Gedichte erzählen von der Familie, Kindern, Spielen, Wünschen und der Stadt Lublin selbst, von der man sich in Kürze „verabschieden“ wird. In dem Buch verband ich zwei Welten, die durch den Krieg getrennt wurden und davor jahrzehntelang zusammengehörten: die polnische und die jüdische Welt. Die Erstpräsentation des Buches fand im Zentrum Brama Grodzka in Lublin statt, am 74. Jahrestag der Liquidierung des Ghettos, die mit dem Geburtstag von Józef Czechowicz zusammenfällt.

 

 

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