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Juli 2014 :: Im Rahmen der internationalen pädagogischen Fachtagung der Deutschen Korczak Gesellschaft unternimmt die Gruppe Don Bosco des Nardinheims eine Exkursion nach Günzburg

Ein Denkmal für Janusz Korczak in Günzburg

Exkursion der Gruppe Don Bosco des Nardinheims nach Günzburg

 

Das Denkmal

Im Rahmen einer internationalen pädagogischen Fachtagung der Deutschen Korczak Gesellschaft vom 07. bis 09. November 2003 am Maria-Ward-Gymnasium in Günzburg wurde ein für Deutschland wohl einzigartiges Denkmal für Janusz Korczak enthüllt. Die Stadt gab bekannt: Die Gestaltung des Denkmal-Sockels erfolgte durch Schülerinnen des Maria-Ward-Gymnasiums Günzburg.

Janusz Korczak ging zusammen mit seinen Zöglingen im Vernichtungslager Treblinka in den Tod. Er hatte zu seinen Lebzeiten nie etwas der Stadt Günzburg zu tun, und doch ist er seit vielen Jahren den Bürgerinnen und Bürgern Günzburgs kein Unbekannter. Angefangen hatte alles im Jahr 1991 mit einem Theaterstück, das vom Experimentellen Theater Günzburg einstudiert und aufgeführt wurde. Es heißt „KORCZAK – Ein Konfrontationsspiel“ und stammt aus der Feder des Günzburger Gymnasiallehrers Siegfried Steiger. Die Deutsche Korczak Gesellschaft hielt im Herbst 2003 ihre Jahrestagung in Günzburg ab, und im Rahmen dieser Veranstaltung wurde unter der Schirmherrschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten am 9. November 2003 dieses Denkmal für Janusz Korczak enthüllt. Die Figurengruppe („Korczak und die Kinder“) stammt von dem in Israel lebenden Künstler Itzchak Belfer (*1923), der selbst Zögling in Korczaks Waisenhaus gewesen war.

Die enge Zusammenarbeit mit der Deutschen Korczak Gesellschaft so wie deren Vorsitzenden, Siegfried Steiger brachte eine Einladung nach Günzburg. Die neun Jugendlichen des Nardiniheims erhielten während ihrer Exkursion viele bisher nicht bekannte Informationen über den „Alten Doktor“ durch den ausgewiesenen Experten in Sachen Janusz Korczak, Siegfried Steiger. Die Erkenntnisse ließen die Jugendlichen unter der Anleitung von Iwona Roszkowski (Initiatorin des Projektzyklus zu Janusz Korczak) in die Gestaltung ihres Gruppenalltags einfließen. So setzte man sich intensiv mit den Rechten der Kinder, demokratischen Strukturen im Gruppenalltag und der Zeit des Nationalsozialismus auseinander.

„Korczak und die Kinder“ Bronze-Skulptur 2003 / Itzchak Belfer

Fotos: Gaby Rabald

 

Das Mahnmal im Dossenbergerhof in Günzburg

Ein Mahnmal, das einen der Täter beim Namen nennt.

Die Gruppe Don Bosco des Nardiniheims besucht im Rahmen ihrer Exkursion das Mahnmal für die Opfer von Josef Mengele in Günzburg.

Unter den vielen Mahnmalen ist das Mahnmal im Dossenbergerhof in Günzburg eine Ausnahme. Gestaltet von Schülerinnen und Schülern der beiden örtlichen Gymnasien und am 8. März 2005 der Öffentlichkeit übergeben, besteht das Wandrelief aus in Bronze gegossenen Augen, die einen Satz des Auschwitz-Überlebenden Jean Amery umgeben: „Niemand kann aus der Geschichte seines Volkes austreten. Man soll und darf die Vergangenheit nicht auf sich beruhen lassen. Weil sie sonst auferstehen und zu neuer Gegenwart werden könnte.“

Unterhalb des Reliefs ist auf einer wenig später angebrachten Glastafel zu lesen, dass dieses Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des KZ-Arztes Josef Mengele geschaffen wurde. Und das ist das Besondere: Es wird der Opfer eines namentlich genannten Täters gedacht. Josef Mengele stammte aus Günzburg, aus der die Kleinstadt prägenden Gründerfamilie der Landmaschinenfabrik Mengele. Sein Name steht wie kein anderer für den menschenverachtenden rassistischen und antisemitischen Wahn der Nationalsozialisten, für die Selektionen ander Rampe in Auschwitz-Birkenau und für die grausamen pseudowissenschaftlichen Experimente. Opfer seiner Zwillingsforschungen waren jüdische Kinder und Kinder der Sinti und Roma.

Es war ein langer Weg bis zu diesem Ort des Gedenkens, und er ist symptomatisch für den Umgang mit NS-Tätern in der alten Bundesrepublik bis in die 1980er Jahre. Dargestellt hat ihn Sven Keller in seiner Studie „Günzburg und der Fall Josef Mengele. Die Heimatstadt und die Jagd nach dem NS-Verbrecher“, die von Alt-Oberbürgermeister Dr. Köppler angeregt worden war und 2003 als Buch erschien. Erst im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Frankfurter Auschwitz-Prozess war 1959 ein Haftbefehl gegen Josef Mengele ergangen. Dieser jedoch, 1949 nach Südamerika geflohen, wurde von seiner Familie und einigen Vertrauten geschützt; er erhielt jahrelang finanzielle Zuwendungen, und vor allem gab man seinen Aufenthaltsort nicht preis. Erst eine Hausdurchsuchung bei Hans Sedlmeier, Prokurist der Landmaschinenfabrik, führte 1985 zum Grab des bereits 1979 verstorbenen KZ-Arztes in Brasilien. Die Familie Mengele erklärte damals lapidar, man habe den Tod Mengeles solange verschwiegen, um „die Leute, die unserem Onkel 30 Jahre lang geholfen haben, zu schützen. Wir wollten nicht, dass sie nachträglich für ihre Hilfsbereitschaft in die Pfanne gehauen werden“ (Sven Keller, 5. 176).

Nun distanzierte sich auch Oberbürgermeister Köppler von der Familie: Er sei „bestürzt über das, was sich jetzt herausstellt. Dass doch eine halbes Dutzend Leute hier die ganze Zeit gewusst haben, was mit Josef Mengele war, die Sedlmeiers und die Mengeles, dass sie Kontakt gehabt haben, obwohl sie ihn immer geleugnet haben“ (Sven Keller, 5. 179). Er sah in der Verschleierungspolitik der Familie eine Belastung für die Stadt und setzte sich für einen offensiven Umgang mit dem Fall Mengele ein. Ein Ergebnis ist das Mahnmal im Dossenbergerhof, und auf der Homepage der Stadt Günzburg findet man heute eine ausgezeichnete Dokumentation mit wichtigen Links, betreut von Stadtarchivar Walter Grabert.

Quelle: Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-1945

ISSN 0938-8672

 

 

Begleitende Medien

Bilder

Sie sehen Bilder von unserer Exkursion nach Günzburg.

* „Korczak und die Kinder“ – Bronze-Skulptur 2003 / Itzchak Belfer :: Siegfried Steiger – Vorsitzender der Deutschen Korczak Gesellschaft
* Impressionen von der Exkursion der Gruppe Don Bosco des Nardinheims nach Günzburg

Das slideshow-Fenster mit begleitenden Bildern zu unserer Exkursion nach Günzburg anzeigen ...
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Downloads

Einen ergänzenden Presseartikel der Redaktion Freistunde über die Exkursion nach Günzburg bieten wir sehr gerne zum download an.

 

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